Gab es den Wertewandel?

Neue Forschungen zum gesellschaftlich-kulturellen Wandel seit den 1960er Jahren

Aus gehorsamen, treuen und fleißigen Deutschen wurden zwischen 1965 und 1975 emanzipierte, ungebundene und genussorientierte Bürger. In diesem Jahrzehnt habe sich ein fundamentaler „Wertewandelschub“ vollzogen – so behaupteten jedenfalls die zeitgenössischen Sozialwissenschaften. Gab es diesen Wertewandel? Mit dieser Frage beschäftigt sich die neue Reihe. Sie fragt, wann, wie, wodurch und warum sich gesellschaftliche Wertsysteme verändert haben und welche Bedeutung Werte für den gesellschaftlich-kulturellen Wandel hatten. Ist der „Wertewandel“ seit den 1960er Jahren ein qualitativ neuartiges Phänomen oder ist er ein Teil längerfristiger Wandlungsprozesse innerhalb der industriegesellschaftlichen Moderne? Im Auftaktband setzen sich Historiker und Soziologen kritisch mit der sozialwissenschaftlichen Wertewandelsforschung auseinander und eröffnen historische Perspektiven. Empirische Beiträge untersuchen Familienleitbilder, Arbeitswerte und Bildungsideale in den 1960er und 1970er Jahren in Deutschland, in Europa und in den USA.

Pressestimmen

Lutz Raphael bei H-Soz-Kult:

„Die Kontroversen um den angemessenen Umgang der Zeitgeschichte mit dem sogenannten ‚Wertewandel‘ gehen in eine neue Runde. [...]" Weiterlesen

Martin Stallmann bei Sehepunkte:

„Eine Mainzer Forschungsgruppe um Andreas Rödder hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine historische Wertewandelforschung zu entwickeln, wozu auch der vorliegende Sammelband einen Beitrag leisten möchte (und leistet). […]" Weiterlesen

Werner Bührer in Francia:

„Zwischen den mittleren 1960er und den mittleren 1970er Jahren, so eine der einflussreichsten Entdeckungen der sozialwissenschaftlichen Forschung, sei es in der westlichen Welt zu einem »historisch einzigartigen« Wertewandel, ja geradezu zu einem »Wertewandlungsschub« gekommen […]" Weiterlesen

Inhalt

  • Andreas Rödder: Wertewandel in historischer Perspektive. Ein Forschungskonzept.
  • Helmut Thome: Wandel gesellschaftŸlicher Wertvorstellungen aus der Sicht der empirischen Sozialforschung.
  • Ernest Albert: Wertzustimmung und Wertbedeutung. Fortschritte und Desiderata sozialwissenschaftŸlicher Survey-Wertforschung .
  • Norbert Grube: Seines Glückes Schmied? Entstehungs- und Verwendungskontexte von Allensbacher Umfragen zum Wertewandel 1947–2001.
  • Michael Schäfer: „Bürgerliche Werte“ im Wandel. Zur Begriffsbildung des Bürgerlichen in der historischen Bürgertumsforschung.
  • Jörg Neuheiser: Der „Wertewandel“ zwischen Diskurs und Praxis. Die Untersuchung von Wertvorstellungen zur Arbeit mit Hilfe von betrieblichen Fallstudien.
  • Bernhard Dietz: Wertewandel in der WirtschaŸft? Die leitenden Angestellten und die Konflikte um Mitbestimmung und Führungsstil in den siebziger Jahren.
  • Christopher Neumaier: Ringen um Familienwerte. Die Reform des Ehescheidungsrechts in den 1960er/70er Jahren.
  • Thomas Großbölting: Von der „heiligen Familie“ zur LebensgemeinschaŸft mit Kind(ern). Religion, Familienideale und Wertewandel zwischen den 1950er und 1970er Jahren.
  • Fiammetta Balestracci: Prozesse der Re-Normativierung in Italien. Normative Vorstellungen von der Familie in der Kommunistischen Partei Italiens (1964–1974).
  • Isabel Heinemann: American Family Values and Social Change: Gab es den Wertewandel in den USA?
  • Christina von Hodenberg: Fernsehrezeption, Frauenrolle und Wertewandel in den 1970er Jahren: Das Beispiel „All in the Family“.
  • Ann-Katrin Gembries: Von der Fortpflanzungspflicht zum Recht auf Abtreibung. Werte und Wertewandel im Spiegel französischer Parlamentsdebatten über Geburtenkontrolle 1920–1974.
  • Anna Kranzdorf: Vom Leitbild zum Feindbild? Zum Bedeutungswandel des altsprachlichen Unterrichts in den 1950er/1960er Jahren der Bundesrepublik Deutschland.
  • Dirk Thomaschke: „Eigenverantwortliche Reproduktion“. Individualisierung und Selbstbestimmung in der Humangenetik zwischen den 1950er und 1980er Jahren in der BRD.